Nach einem langen Tag am Strand, ordentliche Vino und Pasta freut man sich aufs gemütliche Bett. Da es noch ordentlich warm und dir trotz deiner Tischtuchzudecke zu heiss ist, stehst du also nochmal auf und öffnest die Balkontüre.
Ahhh! Frische Luft! Zirpende Grillen!
Eine zirpt besonders laut.
Fnöööp fnöööp fnööööp! macht es da draußen.
An Schlaf ist trotz aller Idylle irgendwie nicht zu denken. Du wälzt dich nach links und nach rechts. Das Boxspringbett wackelt wie ein Kutter in schwerer See.
Während du überlegst, nochmals aufzustehen, um die Oropax zu suchen, murmelt der sich neben dir wälzende Mann zu, dass das da draußen im übrigen gar keine Grille sei.
Fnöööp fnöööp fnööööp!
„Was is es denn dann?“ Fragst du gegen das Gefnöpe an.
„Der Wasserboiler aufm Balkon!“
„Soll das so?“
„Keine Ahnung. Ich hatte noch nie einen Wasserboiler auf dem Balkon.“
Du stehst auf und inspizierst den Boiler delicti. Das Gefnöpe ist aus nächster Nähe ohrenbetäubend.
Fnöööp fnöööp fnööööp!
Da du jetzt eh nicht mehr schlafen kannst, suchst du dein Handy und googelst „Wasserboiler Geräusch Grille“. Du findest gleich als erstes einen Artikel über ein explodiertes Haus.
Fnöööp fnöööp fnööööp!
Du stehst wieder auf und legst dich aufs Sofa nebenan. Etwas Abstand hilft vielleicht beim Denken, was in einem solchen Fall zu tun sei.
Doch der Mann neben dir im Schlafzimmer ruft plötzlich in Richtung Wohnzimmer „Wir müssen hier raus, das Ding fliegt in die Luft! Da kommen Blitze raus!“
Fnöööp fnöööp fnööööp!
Das klingt nicht optimal. Also nimmst du Beine und Handy in die Hand und sprintest die Treppe herunter Richtung Haustür.
Zugeschlossen! Auf den um Sicherheit bemühten Mann war Verlass.
In diesem Fall war das alles eher ungünstig, also rufst du mit leicht erhöhter Stimme nach selbigem und bittest noch, den Schlüssel nicht zu vergessen.
Sekunden später stehst du barfuß und im Schlafanzug vor deinem Apartamento. Unten sitzen noch die Nachbarn mit einem Weinchen im Garten und gucken dich schräg an.
Du beschließt, ihnen noch nicht gleich mitzuteilen, dass hier gleich alles in die Luft fliegt, sondern erstmal ums ganze Haus herumzugehen, um dir die Sache von unten anzusehen.
Dabei fragst du den Mann mit Ermittlerstimme: „Welche Farbe hatten die Blitze? bläulich? Weißlich?“
Wer schonmal in einem Brandstiftungsfall um 6 Uhr morgens von der Kripo vernommen wurde – also ich – weiß, worauf es hier ankommt.
Von unten gestaltet sich die Sache recht schwer in der Beurteilung, da hinter dem Haus ein Feld ist, in dem es grillenmässig nur so wimmelt und man die einzelnen Fnöpgeräusche schwerlich auseinanderhalten kann. Immerhin gibt es keine Blitze mehr.
„Wir müssen die Signora auf dem Handy anrufen!“
„Ja, aber die ist nur bis Mitternacht erreichbar und jetzt isses 0.26 Uhr. Und die Nummer liegt oben aufm Tisch.“
Blöd. Man erwägt kurz, im Auto zu übernachten, verwirft das ganze wieder, da Auto viel zu klein. Nach weiterer Überlegung geht man zögerlich wieder nach oben, nicht ohne die Nachbarn freundlich zu grüßen.
Matula-artig kämpft man sich wieder Richtung Balkonboiler vor.
Fnöööp fnöööp fnööööp!
„Könnte es eine Grille hinter dem Boiler sein? Oder in einem der 5 Mülleimer?“ fragt der Mann geistesgegenwärtig und rüttelt an der Aluminio-Vetro Box.
Das Fnöpen hört augenblicklich auf.
„Ja, könnte es!“ antwortest du.
„Dann gehen wir jetzt wieder schlafen? Und tun so, als ob das alles nicht passiert wäre?“
„Ja… aber die Blitze?“ fragst du zögerlich, um im nächsten Moment eine Salve Feuerwerkskörper am Horizont zu entdecken. Es blitzt weiß und blau gleichzeitig.
„Gute Nacht“ sagt der Mann. „Gut, dass wir nicht die Feuerwehr angerufen haben. Und bring die Oropax mit.“
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