Es gibt Menschen, die fahren in ihrem Urlaub in die Berge. Und es gibt Menschen, die zieht es ans Wasser.
Dort sitzen sie dann an lauen Sommerabenden, wenn sich der Himmel rosa verfärbt und die Schwalben über ihnen ihre Kreise ziehen, und vergewissern sich, wie schön doch die Welt und dieser Platz hier im Besonderen sei.
Doch sie sind nicht allein. Denn das Urlaubsarschloch ist schon da: Gestatten, Culicoidea, die gemeine Stechmücke.
Gerne hält sie sich an stehenden Gewässern (Seen, Lagunen, seichten Meeresbuchten, also überall, wo Romantik großgeschrieben wird) auf und fühlt sich einsatzbereit und hungrig. Gemäß der Gesetze der freien Marktwirtschaft freut sie sich über Angebot (Urlauber), das ihre Nachfrage (Urlauberwaden) stillt.
Die andere Seite der Nahrungskette (ich) sitzt derweilen genauso hungrig und aufgrund der Temperaturen leicht beschuht und behost im Ristorante.
Und schon ziert ein Dutzend dicker roter Stiche meine noch weißen Beine und verwandeln diese in eine beeindruckende Johannisbeerbaiserlandschaft.
„Ist das ein Lymphödem an deinem Knöchel?“ fragt der Mann am nächsten Morgen besorgt
„Nein. Nur 3 Stiche an der selben Stelle“ antworte ich und greife nach der Cortison-Salbe.
Die Forschung sagt, dass 20 Prozent aller Menschen wahre Mückenmagneten sind. Das wiederum läge an mehreren Faktoren. Mücken stünden zum Beispiel besonders auf Kohlendioxid. Das wird beim Ausatmen ausgestoßen, was aber nicht erklärt, warum ich vor allem unterhalb des Knies gestochen werde. Mit den Füßen atme ich in der Regel nicht so häufig
Dazu sei Blutgruppe 0 auch besonders gefragt und ja, auch hier kann ich punkten. So sitze ich also hibbelig am Tisch und versuche, mich unauffällig an Stellen, von denen ich mich frage, wie zum Teufel eine Mücke dort zustechen kann, wenn ich doch darauf sitze, zu kratzen, während die restliche Urlaubsbegleitung völlig unbehelligt vor sich hin diniert und den Sonnenuntergang bestaunt
Zu guter letzt, so liest man, stünde ein hoher Cholesterinspiegel auch im Verdacht, anziehend zu wirken – auf den Schreck fällt mir gleich der Löffel in die Panna Cotta.
Abends im Hotelzimmer angekommen ist genau so lange alles gut, bis ich das Licht ausgemacht habe. Kurz vor dem seligen Wegnicken dann das bekannte Iiiiiiiiihhhhh-Geräusch neben meinem Ohr. Neonröhre also wieder an, Brille gesucht und schon dirigiere ich den Mann, der natürlich nie gestochen wird, schlaftrunken auf den klapprigen Stuhl mit einer Gala in der Hand in Gefechtsposition. Dann wird es kurz unschön, obwohl ich eigentlich recht tierlieb bin.
Nach der erfolgreichen Schlacht frage ich ihn, ob es eine Versicherung gibt, die die Renovierung des Zimmers übernimmt oder ob es möglich ist, die Abdrücke der Headline von Seite 24 an der Zimmerdecke mit Zahnpasta zu überdecken. Der Mann zuckt nur mit den Schultern und schläft augenblicklich ein.
Am nächsten Morgen gehe ich sogleich leicht gerädert in die Farmacia und verlange erprobte, biologische Nahkampfwaffen. Man drückt mir wissend ein Spray in die Hand, das so ziemlich gegen alles wirkt, was um mich herum kreucht und fleucht und in etwa riecht wie Klostein und Hustenbonbons zusammen.
Google verrät mir auch, dass Mücken eher dunkle Kleidung bevorzugen. Aha!.
Und dass ein engmaschiges Mosquitonetz der einzig wirksame Schutz sei. Ich überlege kurz, ob es fahrbare Mosquitonetze gibt, verwerfe den Gedanken aber wieder, da es die Nahrungsaufnahme doch nur unnötig verkomplizieren und auch sonst einige Fragen aufwerfen würde.
Und so sitze ich abends leuchtend wie eine Zahnarztgattin gekleidet am Tisch, dufte wie 100 brennende, neongelbe Mückenschutzkerzen aus dem Ein-Euro-Shop und esse das erste Mal wie ein normaler Mensch meine Pasta: völlig entspannt und ohne ausfallende Bewegungen Alles ist also allerbestens. Bis zu dem Moment, an dem die Dame am Nebentisch etwas von einer drohenden Quallenplage erzählt…
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